Spam – Unerwünschte E-Mails sind illegal

Staatsanwaltschaft verurteilt Unternehmer zu Geldstrafe und Busse mit Eintrag im Strafregister

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. o des schweizerischen Lauterkeitsgesetzes (UWG) handelt unlauter, wer Massenwerbung ohne direkten Zusammenhang mit einem angeforderten Inhalt fernmeldetechnisch sendet oder solche Sendungen veranlasst und es dabei unterlässt, vorher die Einwilligung (Opt-in) der Kunden einzuholen, den korrekten Absender anzugeben oder auf eine problemlose und kostenlose Ablehnungsmöglichkeit (Opt-out) hinzuweisen; wer beim Verkauf von Waren, Werken oder Leistungen Kontaktinformationen von Kunden erhält und dabei auf die Ablehnungsmöglichkeit hinweist, handelt nicht unlauter, wenn er diesen Kunden ohne deren Einwilligung Massenwerbung für eigene ähnliche Waren, Werke oder Leistungen sendet. Wer gegen diese Bestimmung verstösst, kann gemäss Art. 23 UWG auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden.

Unter diese Norm fallen E-Mails, Fax, SMS und automatisierte Telefonanrufe.

In einem neusten Entscheid hat die Staatsanwaltschaft St. Gallen einen Unternehmer wegen des Versandes eines Spam-Mails nach Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG zu einer Geldstrafe und Busse von gesamthaft CHF 2’600.00 verurteilt. Die Strafe wird ins Strafregister eingetragen. Zudem muss der Unternehmer die Untersuchungsgebühr von CHF 700.00 tragen.

Gemäss Begründung der Staatsanwaltschaft handelte der Beschuldigte wissen- und willentlich. Er wusste, dass seitens des Adressaten keine Einwilligung für die Zustellung des kommerziellen E-Mails vorlag. Dennoch verschickte er dieses an den Adressaten.

Die Begründung der Staatsanwaltschaft St. Gallen entspricht der bisher höchstrichterlichen Rechtsprechung des Obergerichts des Kantons Zürich betreffend Spam-Mails nach Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG.

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch

Aktualisiert am 10. November 2017

Software ist nicht telquel geschützt

Voraussetzungen für den urheberrechtlichen Schutz von Software und Raster für Softwarevergleich

Die Softwarebranche selber hat durch teilweise geradezu aggressive Publicity dafür gesorgt, dass heute jedes Kind weiss, dass Software urheberrechtlich geschützt ist. Was die Branche jeweils nicht publiziert, ist, dass Software nicht telquel geschützt ist, sondern nur wenn sie Individualität bzw. Originalität gemäss Art. 2 des schweizerischen Urheberrechtsgesetzes (URG) aufweist. Was heisst dies konkret und was muss man vergleichen, wenn es um die Frage geht, ob eine Software das Urheberrecht einer anderen Software verletzt?

Eine Software muss eine bestimmte Aufgabe erledigen. Die diesem Blog zugrunde liegende Software wandelt Text, den man in einem Tool eingibt (Input) grafisch so um, dass man ihn im entsprechenden Blog auf dem Internet wahrnehmen kann (Output). Die Tools, die diese Aufgaben in einer Software erfüllen, nennt man Algorithmen. Diese Algorithmen bzw. ihre Programmierung müssen bzw. muss genügend originell gemäss Art. 2 URG sein. Dabei geht Literatur und Rechtsprechung bei Software mehrheitlich davon aus, dass der Grad an Originalität nicht besonders hoch sein muss, da der Gestaltungsfreiraum für Programmierer in er Regel eher klein sein dürfte. Falls Algorithmen nicht banal sind, ist tendenziell von Urheberrechtsschutz auszugehen. Nicht originell sind aber Algorithmen, die Gemeingut darstellen, d.h. eine Programmierung enthalten, die von allen verwendet werden können muss. In Sprache und Grafik sind z.B. einzelne Buchstaben, allgemein gebräuchliche Worte (in der Regel im Duden aufgeführt), allgemeine Formen (insb. Kreis, Quadrat) und Farben nicht monopolisierbar. Ebenfalls nicht originell im Sinne des Gesetzes sind Algorithmen, deren Lösungen für einen Fachmann bzw. Fachfrau naheliegend sind. Beim urheberrechtlichen Softwarevergleich gibt es Analogien zum Vergleich von Patenten bzw. mutmasslich patentverletzenden Produkten mit Patenten.

Wenn sich nun die Frage stellt, ob die eine Software die Urheberrechte der anderen Software verletzt, müssen die Algorithmen miteinander verglichen werden. Diese befinden sich im Sourcecode der Software. Für einen Softwarevergleich ist es also notwendig, dass der Sourcecode beider Softwaren offengelegt wird. In einer rechtlichen Auseinandersetzung kann für den Softwarevergleich z.B. ein Informatikunternehmen bzw. ein Informatikexperte als Treuhänderin bzw. Treuhänder bestimmt werden. Damit bleibt den Parteien der Einblick in den je anderen Sourcecode verwehrt.

Bei der Frage nach der Originalität eines Algorithmus ist weder die Idee, die dahinter steckt, noch das Konzept relevant, sondern ausschliesslich die Programmierung.

Beim Softwarevergleich, der in der Regel ebenfalls mittels Analysesoftware erfolgt, sollte in einem ersten Schritt gecheckt werden, ob alle oder mindestens sehr viele Algorithmen identisch oder mindestens sehr ähnlich sind. Trifft dies zu, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Urheberrechtsverletzung. Trifft dies nicht zu, muss in einem weiteren Schritt nach einzelnen identischen oder mindestens sehr ähnlichen Algorithmen Ausschau gehalten werden. In der Folge müssen in allen Fällen die Algorithmen auf ihre rechtliche Relevanz hin untersucht werden (s. dazu vorne).

Bereits ein identischer oder sehr ähnlicher Algorithmus kann für eine Urheberrechtsverletzung reichen.

Beinhaltet eine Software Algorithmen, die für sich alleine rechtlich nicht relevant sind (s. dazu vorne), kann eine Kombination solcher Algorithmen trotzdem zu einem urheberrechtlichen Schutz führen, wenn die Kombination ansich originell im Sinne des Gesetzes ist. Dies wäre dann ein geschütztes Sammelwerk im Sinne von Art. 4 URG.

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch

Aktualisiert am 02. März 2018

Blockchain für Anfänger

Viele sprechen davon, wenige wissen, was es effektiv ist. Ich finde, Sergej Etkov erklärt es in seinem Buch „Blockchain für Anfänger“ gut verständlich, kurz und bündig. M.E. als Einstiegslektüre sehr zu empfehlen.

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Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch

Aktualisiert am 10. November 2017

Legal Tech – kein Fleisch am Knochen?

Diese Woche findet in Zürich die erste Swiss Legal Tech Conference statt. Nachdem ich mich mit der Thematik bis jetzt vor allem theoretisch befasst habe und die Sache in meiner Praxis ebenfalls weitgehend Theorie blieb, interessiert mich vor allem, was Kolleginnen und Kollegen, insbesondere aus grösseren Kanzleien aus dem In- und Ausland darüber denken und ob und wie sie Legal Tech in ihrem Alltag einsetzen.

Vorab ist zu Unterscheiden zwischen allgemeiner Business Technology und eben der Legal Technology (Legal Tech), die spezifisch für Legal Services entwickelt wird bzw. worden ist. Diesbezüglich hat Kollege Lars Bauer von Schellenberg Wittmer eindrücklich gezeigt, dass nur ein kleiner Anteil der Aufgaben in einer Anwaltskanzlei durch spezifische, für Rechtsdienstleistungen entwickelte Technologien gelöst werden. Der grösste Teil der Aufgaben in einer Kanzlei wird durch handelsübliche Technologien erledigt. Kollege Maziar Jamnejad von Freshfields Bruckhaus Deringer in London hat sich sogar ausserordentlich kritisch zum praktischen Nutzen von aktuell existierender Legal Tech geäussert, sogar im Bereich der eDiscovery (Lokalisierung, Sicherung, Durchsuchung von Daten, um diese als Beweismittel in zivil- oder strafrechtlichen Verfahren verwenden zu können), wo der Einsatz entsprechender Technologie naheliegend ist und ja schon länger erfolgt.

Offenbar wird Legal Tech auch nicht wirklich von den Mandanten nachgefragt, auch nicht bei den grossen Kanzleien.

Eine Anwendung von Legal Tech sind die sogenannten Smart Contracts. Das sind Verträge, die auf einer Blockchain eingerichtet werden, also einem dezentralisiertem Serversystem, das mit der Cyberwährung Bitcoin bekannt geworden ist. Smart sind diese Verträge insbesondere darum, weil sie sich automatisch, d.h. ohne Zutun von Menschen, verwalten. D.h. die Software prüft selbst, ob eine bestimmte Vertragsbedingung erfüllt ist und löst dann den nächsten, im Vertrag vorgesehenen Schritt aus. Z.B. checkt der Smart Contract eigenständig, ob die Lizenzgebühr bezahlt wurde und schaltet dann die Benutzung der Software frei. Kollege Stephan Meyer von MME hat versucht, die rechtlichen Grundlagen von Smart Contracts zu eruieren und darzustellen. Sein Versuch hat m.E. plakativ gezeigt, wie enorm gross die Rechtsunsicherheiten und damit auch die rechtlichen Risiken in diesem Bereich sind.

Der Workshop von Kollege Meyer hat aber auch gezeigt, dass es wichtig ist, dass Juristinnen und Juristen sich nicht nur mit den rechtlichen, sondern im gewissen Masse auch mit den technischen Aspekten befassen, auch wenn Kollege Meyer meinte, das Know-how des Programmierens gehöre wohl nicht dazu.

Und an der Konferenz gab es neben den Rechtsanwälten natürlich auch die Verkäufer von Legal Tech. Auch wenn diese alle Register eines Verkaufsgespräches zogen, war noch nicht viel zu entdecken, was man in der Anwaltspraxis oder für seine Mandanten effektiv nutzen könnte.

Als ich denn die Konferenz etwas früher als geplant verliess, hörte ich, wie ein anderer Teilnehmer seinem Kollegen am Telefon erklärte, auch er wäre früher gegangen, es hätte „einfach kein Fleisch am Knochen“. Nun, man muss wohl anfügen „noch nicht“. Als Quintessenz sollte man wohl nichts überstürzen, aber dranbleiben und sich als Jurist nicht zuletzt auch die technischen Aspekte der Legal Tech aneignen.

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch

Aktualisiert am 10. November 2017