Foto-Abmahnung – Was tun?

Von Ueli Grüter und Giedre Neverauskas

  • Bewahren Sie Ruhe!
  • Bezahlen Sie nicht voreilig!
  • Geben Sie eine Unterlassungserklärung nicht vorschnell ab!
  • Konsultieren Sie eine/n spezialisierte/n Rechtsanwältin/Rechtsanwalt!

Sie agieren in Wellen, die Anwaltskanzleien, aber auch sonstige Unternehmen, deren Geschäftsmodell darin besteht, andere wegen widerrechtlicher Verwendung von Fotos, vorwiegend im Internet, abzumahnen und dafür teilweise horrende Gebühren zu verlangen. Die Anwaltskanzleien operieren oft von Deutschland aus, weil deutsche Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte schon für das Abmahnen eine Gebühr verlangen können. Unsere Klienten fragen uns dann verdattert an, ob diese Abmahnungen wohl seriös seien, ob sie die Fotos effektiv entfernen und die Gebühren bezahlen sollen.

In diesem Artikel erläutern Rechtsanwalt und Hochschuldozent Ueli Grüter und Rechtsanwältin Dr. Giedre Neverauskas den Schutz von Fotos in der Schweiz und in Deutschland, erklären Betroffenen, wie sie bei einer Abmahnung richtig reagieren und was dabei zu beachten ist. Dieser Artikel ist jedoch lediglich eine Information und keine Rechtsberatung. Dafür empfehlen die Autor/innen sehr die Konsultation einer Rechtsanwältin, eines Rechtsanwalts.

Wie finden die Abmahner die beanstandeten Bilder?

Rechteinhaber oder Dienstleister durchsuchen das Internet mit Tools wie Pixsy oder Copytrack, um unerlaubte Nutzungen aufzuspüren.

Wie sind Fotos in der Schweiz und in Deutschland geschützt

Schutz von Fotos in der Schweiz

Seit der letzten Revision des schweizerischen Urheberrechtsgesetzes (URG) im Jahr 2019 (in Kraft seit 01.04.2020) sind alle Fotos geschützt, auch wenn sie die sonst im Urheberrecht verlangte Individualität bzw. Originalität nicht erreichen. Gemäss diesem Gesetz sind nun Fotos generell («tel quel») geschützt, auch wenn sie keinen individuellen Charakter aufweisen (Art. 2 Abs. 3bis URG), also auch, wenn sie nicht besonders originell sind. Damit sind jetzt insbesondere auch sogenannte Schnappschüsse urheberrechtlich geschützt, d.h. Fotos, deren Motiv gerade so im Bild festgehalten wird, wie es vorgefunden wird, wie z.B. der hier abgebildete, selbst fotografierte Mops. Dieses Foto wäre vor der Revision des Urheberrechtsgesetzes wohl eher nicht geschützt gewesen.

Gemäss revidiertem Urheberrechtsgesetz sind auch «mit einem der Fotografie ähnlichen Verfahren hergestellte Wiedergaben» generell urheberrechtlich geschützt. Dabei handelt es sich z.B. um Bilder, die durch Infrarot- und Röntgenstrahlen entstehen, Mikro- und Makrokopien, Abzüge eines Negativfilms sowie Einzelbilder aus visuellen bzw. audiovisuellen Werken, wie z.B. Filmstils.

Voraussetzung für den generellen Schutz von Fotografien ist, dass diese ein dreidimensionales Objekt abbilden. Damit gibt es keinen tel quel-Schutz von Fotokopien, Fotos von Fotos u.ä.

Der Provider des Chatbots ChatGPT, OpenAI, schreibt in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), dass Content, also auch Fotos, die von ChatGPT erstellt werden, frei genutzt werden können (s. digilaw.ch – 08.05.04 ChatGPT & Co. und Urheberrecht).  

Art. 2 URG verlangt für den urheberrechtlichen Schutz generell, dass es sich um eine «geistige Schöpfung» handelt. Eine solche kann nur durch Menschenhand entstehen. Diese Regel gilt nach wie vor auch für Fotos. Damit geniessen z.B. automatisiert hergestellte Fotografien, wie Radarfotos, Fotos von Überwachungskameras oder von Radarfallen keinen urheberrechtlichen Schutz. Fotos, die von künstlicher Intelligenz (KI) erstellt wurden, sind unter diesem Gesichtspunkt nur dann urheberrechtlich geschützt, wenn die Parameter für die Erstellung überwiegend von Menschen gesetzt wurden (s. juristenfutter.ch – Kein Urheberrechtsschutz für KI).

Gemäss Art. 80 URG kommt der tel quel-Schutz von Fotos gemäss Art. 2 Abs. 3bis URG auch auf Fotos zur Anwendung, die vor deren Inkrafttreten gemacht wurden. Hat jemand jedoch ein Foto, das vor Inkrafttreten dieser neuen Regeln entstanden ist und damals nicht urheberrechtlich geschützt war, vor Inkrafttreten des revidierten Urheberrechtsgesetzes ohne Einwilligung des Rechtsinhabers verwendet, z.B. auf einer Homepage oder in einem Prospekt, muss er jenes nun nicht entfernen. Eine erneute Verwendung in einem anderen Kontext ist jedoch ohne Einwilligung des Inhabers, der Inhaberin der entsprechenden Rechte nicht mehr zulässig.

In der Praxis ist die Dauer des Schutzes von Fotos in der Regel nicht relevant. Fotos sind generell während des Lebens der Urheberin, des Urhebers geschützt und 70 Jahre nach deren Tod (Art. 29 Abs. 2 lit. b URG). Weisen jedoch Fotos keinen individuellen Charakter (Originalität) auf, sind sie lediglich bis 50 Jahre nach dem Tod der Urheberin, des Urhebers geschützt (Art. 29 Abs. 2 lit. abis URG).

Gemäss Art. 19 URG ist die Nutzung von Fotos zum Eigengebrauch explizit erlaubt. Darunter fällt die private Verwendung im Familien- und Freundeskreis (eng definiert!), die ohne weiteres zulässig ist. Auch die Verwendung in Schulen (auch Hochschulen, Universitäten) oder innerhalb eines Betriebs (Unternehmen, Organisation) ist möglich, jedoch nur gegen Vergütung über die Verwertungsgesellschaften. So verwendete Fotos dürfen aber nicht ausserhalb dieser Kreise, also insbesondere nicht im Internet (aber IM Intranet) publiziert werden.

Schutz von Fotos in Deutschland

Der Schutz von Fotos in Deutschland entspricht im Wesentlichen der schweizerischen Regelung. In Deutschland können Fotos als Lichtbildwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 Urheberrechtsgesetz, UrhG) oder als Lichtbilder (§ 72 UrhG) geschützt sein. Der wesentliche Unterschied zwischen einem Lichtbildwerk und einem Lichtbild liegt in der Schöpfungshöhe. Lichtbildwerke sind Fotos, die eine persönliche, geistige Schöpfung des Fotografen, der Fotografin darstellen, also einen gewissen künstlerischen Anspruch haben. Lichtbilder sind alle anderen Fotos, die nicht diese Schöpfungshöhe erreichen. Somit sind die sogenannten Schnappschüsse (s. vorne) auch in Deutschland geschützt. Der Unterschied in der praktischen Auswirkung, ob ein Foto als ein Lichtbildwerk oder als ein Lichtbild eingestuft wird, liegt in der Länge der Schutzdauer. Der urheberrechtliche Schutz der Lichtbildwerke gilt ab ihrer Entstehung bis 70 Jahre nach dem Tod des Fotografen, der Fotografin. Einem Lichtbild wird demgegenüber nur ein Leistungsschutzrecht mit einer Schutzfrist von 50 Jahren nach Erscheinen, öffentlicher Wiedergabe bzw. Herstellung des Lichtbilds zuerkannt.

Wann kommt das schweizerische, wann das deutsche Recht zur Anwendung?

Ob in einem Fall der möglichen widerrechtlichen Nutzung von Fotos schweizerisches oder deutsches Recht zur Anwendung kommt, wird nach dem entsprechenden, nationalen, sogenannten Kollisionsrecht bestimmt.

In der Schweiz wendet das zuständige schweizerische Gericht (s. nachfolgend) dafür das Gesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) an. Sollte eine Klage vor einem Schweizer Gericht erhoben werden, unterstehen nach schweizerischem Recht Immaterialgüterrechte dem Recht des Staates, für den der Schutz der Immaterialgüter beansprucht wird (Art. 110 IPRG). Bei Foto-Abmahnungen ist das Recht des Staates anwendbar, für den der Schutz der Urheberrechte beansprucht wird.

Sollte eine Klage vor einem deutschen Gericht erhoben werden, könnte je nach Argumentation des Klägers – Massgeblichkeit des Handlungs- oder Erfolgsortes – das schweizerische oder deutsche Recht zur Anwendung kommen (Art. 39, 40 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche, EGBGB).

Wo sind die Rechte an Fotos verletzt, in der Schweiz oder in Deutschland?

Grundsätzlich werden die Rechte an Fotos verletzt, wo die verletzende Handlung stattfindet oder wo der Erfolg der verletzenden Handlung eintritt. Bei Online Publikationen kann die Verletzung weltweit eintreten (im Detail s. nachfolgend «Läuft man Gefahr, in Deutschland eingeklagt zu werden?»).

Was ist bei Abmahnungen von deutschen Anwaltskanzleien zu beachten?

Abmahnungen von deutschen Anwaltskanzleien haben, auch wenn sie in der Schweiz erfolgen, für ihre Rechtsgültigkeit in Deutschland gewisse regulatorische Voraussetzungen zu erfüllen.

Formelle Voraussetzungen einer Abmahnung

Eine Abmahnung, die formellen Anforderungen gemäss § 97a Abs. 2 UrhG (s. Anforderungen dort) nicht erfüllt, ist unwirksam. Daher sollte beim Erhalt einer Abmahnung aus Deutschland zuerst geprüft werden, ob die formellen Voraussetzungen eingehalten sind.

Ersatz der Anwaltskosten

Deutsche Anwaltskanzleien verlangen für ihre Abmahnungen regelmässig den Ersatz der Anwaltskosten. Diese Forderung ist gesetzlich geregelt und grundsätzlich zulässig (§ 97a Abs. 3 UrhG). Bei einer ersten Abmahnung gegenüber Privatpersonen ist der Betrag derzeit jedoch auf ca. EUR 160 begrenzt. Zudem müssen die Kosten tatsächlich angefallen sein – daher ist zu prüfen, ob die geltend gemachten Anwaltskosten plausibel und nachvollziehbar sind.

Strafbewehrte Unterlassungserklärung

Abmahnungen enthalten in der Regel die Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. «Strafbewehrt» bedeutet, dass sich die abgemahnte Person verpflichtet, im Wiederholungsfall eine Vertragsstrafe zu zahlen. Die abgemahnte Person hat dabei grundsätzlich drei Optionen: die Erklärung unverändert zu unterzeichnen, in abgeänderter Form zu unterzeichnen oder die Unterzeichnung zu verweigern. Da die Erklärungen oft weiter gefasst sind als erforderlich, ist eine sorgfältige Prüfung besonders wichtig. Wird eine Unterlassungserklärung abgegeben, entfällt die Wiederholungsgefahr – eine Klage auf Unterlassung ist dann nicht mehr möglich. Wer jedoch trotz berechtigter Abmahnung weitermacht, riskiert einen Vorwurf der vorsätzlichen Handlung und eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Wer bei einer berechtigten Abmahnung nicht unterschreibt, riskiert eine einstweilige Verfügung oder Klage. In Deutschland ist dieses Risiko höher als in der Schweiz, da die Rechtsverfolgungskosten geringer sind und die Hemmschwelle zur Klage daher niedriger ist. Allerdings ist zu beachten, dass Klagen aus Deutschland nicht einfach per Post in die Schweiz zugestellt werden können. Sie müssen gemäss dem Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (SR 0.274.131) über ein formelles Rechtshilfeverfahren und eine zuständige kantonale Behörde zugestellt werden. Das verursacht zusätzliche Kosten und Aufwand für die klagende Partei und kann die Bereitschaft, grenzüberschreitend zu klagen, verringern.

Läuft man Gefahr, in Deutschland eingeklagt zu werden?

Ob man bei einer möglichen widerrechtlichen Nutzung eines Fotos in Deutschland eingeklagt werden kann, hängt davon ab, ob in einem bestimmten Fall ein schweizerisches oder ein deutsches Gericht zuständig ist. Diese Fragen entscheiden sowohl Schweizer als auch deutsche Richterinnen und Richter basierend auf dem Übereinkommen zwischen der Schweiz und der EU über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen, dem Lugano Übereinkommen (LugÜ). Nach Art. 2 LugÜ kann eine beklagte Partei immer am Wohnsitz oder Sitz eingeklagt werden. D.h. ein deutscher Inhaber von Urheberrechten an einem Foto kann den Nutzer seines Fotos immer auch in der Schweiz einklagen. Bei dieser Sache handelt es sich aber auch um den Spezialfall der unerlaubten Handlung gemäss Art. 5 Ziff. 3 LugÜ. Damit kann eine deutsche Inhaberin von Urheberrechten an einem Foto vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, klagen. Je nach Situation kann dies bei einem widerrechtlich genutzten Foto in der Schweiz oder in Deutschland sein.

Bei offline Nutzung eines Fotos ist das einfacher zu bestimmen als bei einer online Nutzung, denn die Webseiten sind grundsätzlich überall abrufbar – und somit sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland. Gemäss der massgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) reicht die Zugänglichkeit der Webseite am Ort des angerufenen Gerichts aus, um die Zuständigen dieses Gerichts zu begründen. Die Webseite muss nicht einmal auf diesen Ort bzw. diesen Staat ausgerichtet sein (EuGH 03.10.2013, Rs. C-170/12, Pinckney/KDG Mediatech Rn 39, 42; EuGH 22.01.2015, Rn C-441/13 Rz 32). Allerdings ist das Gericht nur für die Entscheidung für den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Staates verursacht worden ist, zu dem es gehört (EuGH 03.10.2013, Rs. C-170/12, Pinckney/KDG Mediatech, Rz. 33, 43 ff.). Das heisst, dass in Deutschland nur der in Deutschland entstandene Schaden geltend gemacht werden kann und nicht auch möglicherweise in der Schweiz entstandener Schaden. Folglich kann in der Schweiz der in der Schweiz entstandene Schaden gerichtlich durchgesetzt werden.

Wie hoch sind gerechtfertigte Gebühren für widerrechtlich benutzte Fotos?

Falls ein Foto nach Ansicht eines Gerichts effektiv widerrechtlich verwendet worden ist, kann der Inhaber der entsprechenden Rechte neben Unterlassung der Verwendung auch Schadenersatz verlangen.

In diesem Fall wenden die Gerichte die sogenannte Lizenzanalogie an. Das heisst, ein Gericht fragt sich, was die widerrechtliche Nutzerin wohl dem Berechtigten hätte zahlen müssen, wenn sie von diesem legal eine Lizenz für das Foto bezogen hätte. Mangels anderer Anhaltspunkte sind für die Schätzung einer Lizenzgebühr die tatsächlichen Marktpreise für die entsprechenden Fotos massgeblich. Da die Nutzung aber widerrechtlich war, wird noch ein angemessener, aber nicht übermässiger Zuschlag gemacht; wohl nicht mehr als das Doppelte. Betreffend Urheberrechtslizenzen für Fotos kann man sich gerade bei entsprechenden Plattformen, wie derjenigen von Getty Images orientieren.

Für die Schweiz gibt es dazu nun auch einen ersten Gerichtsentscheid. Das Handelsgericht des Kantons Bern hat in einem Entscheid für eine Drohnenaufnahme eines Ortes, die als Schnappschuss qualifiziert wurde, eine Gebühr von CHF 55 statt der geforderten CHF 3’500 für angemessen gehalten (HG BE 22 35 vom 13.02.2023; bestätigt durch das Bundesgericht BGer 4A_168/2023 vom 21.04.2023), da dem Kläger nicht gelungen ist zu beweisen, dass für vergleichbare Fotos im freien Markt höhere Preise bezahlt werden. Fotos, die künstlerischen Anspruch haben, dürften eine deutlich höhere Gebühr rechtfertigen.

Bei der Berechnung von Schadenersatz für die unerlaubte Nutzung von Fotos orientieren sich Gerichte in Deutschland häufig an branchenüblichen Tarifen (z.B. den Tarifen von Verwertungsgesellschaften oder der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing, MFM). Dies gilt insbesondere dann, wenn es keine konkreten Anhaltspunkte für tatsächlich marktgängige höhere oder niedrigere Tarife gibt (vgl. OLG Hamburg, 3 U 49/89, GRUR 1989, 912, 913 – Spiegel-Fotos). Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (20 U 138/05, GRUR-RR 2006, 393 ff. – Informationsbroschüre) beträgt der übliche Betrag gemäss MFM-Tarif etwa EUR 435 je Foto. Zusätzlich berücksichtigen deutsche Gerichte Faktoren wie die Bekanntheit des Urhebers, die Reichweite der Veröffentlichung, die Auflage oder den besonderen Wert des Fotos. Wurden rechtswidrig hergestellte Kopien verkauft, können Lizenzsätze auf den Verkaufspreis angewendet werden – meist 5 % bis 10 % des erzielten Umsatzes. Bei besonders wertvollen Fotos können auch höhere Sätze angesetzt werden.

Soll man bei einer Abmahnung eine Rechtsanwältin, einen Rechtsanwalt konsultieren?

Die Prüfung einer Abmahnung wirft zahlreiche komplexe Fragen auf, deren Beantwortung für den weiteren Verlauf entscheidend ist, sodass die Konsultation einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts sehr empfehlenswert ist. Die Frage, wie in einem konkreten Fall auf die Abmahnung reagiert werden soll, hängt von der Wirksamkeit und der Begründetheit der Abmahnung, aber auch von den Klagerisiken ab. Es ist darum u.E. sehr empfehlenswert, bei einer Foto-Abmahnung eine/n im Urheberrecht spezialisierte/n Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt zu konsultieren.

Aufpassen muss man, dass auch bei einer solchen Konsultation die Kosten für eine erste, summarische Abklärung verhältnismässig bleiben.

Falls man eine Rechtsschutzversicherung hat, sollte man abklären, ob diese eventuell die Kosten für eine anwaltliche Beratung übernimmt. Urheberrechtsfälle sind zwar bei Rechtsschutzversicherungen häufig ausgeschlossen. Rechtsschutzversicherungen machen jedoch in solchen Fällen regelmässig kleine Kostengutsprachen von ein paar Hundert Franken für eine erste summarische Abklärung und Beratung.

Sind ungerechtfertigte Abmahnungen widerrechtlich?

Werden Betroffene zu Unrecht abgemahnt, könnte diese Abmahnung eine unlautere Handlung nach Art. 3 Abs. 1 lit. b des Lauterkeitsgesetzes (UWG) darstellen, was wiederum nach Art. 23 UWG sogar strafbar sein könnte. Das heisst, Betroffene könnten in diesem Fall allenfalls sogar eine Strafanzeige bzw. einen Strafantrag gegen den/die Abmahner/in stellen. Zudem kann der bzw. die Betroffene, sollte die Abmahnung von Deutschland her erfolgt sein und unberechtigt oder unwirksam sein, Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen gemäss § 97a Abs. 4 UrhG verlangen, es sei denn, es war für den bzw. die Abmahnende/n zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war.

Plattformen für legale kostenlose Fotos

Eine u.E. gute Möglichkeit, Foto-Abmahnungen möglichst zu verhindern, ist die Nutzung von legal kostenfreien Fotos von entsprechenden, nachfolgend exemplarisch aufgezählten Internet-Plattformen, auch wenn im Rahmen dieses Beitrags die legale Nutzung nicht garantiert werden kann:

  • Pixabay: Bilder unter CC0 oder eigener Lizenz, kostenlos nutzbar, auch kommerziell
  • Unsplash: Kostenlose, qualitativ hochwertige Fotos, sehr liberal nutzbar
  • Pexels: Kostenlose Fotos und Videos, kommerzielle Nutzung erlaubt
  • Flickr: Bei Filterung viele gratis nutzbare Bilder
  • Wikimedia Commons: Freie Medien mit klar gekennzeichneter Lizenz, oft CC BY oder gemeinfrei

Gemäss den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Providers OpenAI sind auch von ChatGPT erzeugte Fotos bzw. Bilder frei nutzbar (s. dazu aber digilaw.ch 08.05.04 ChatGPT & Co. und Urheberrecht).

Wichtig! Nutzt man solche Fotos, sollte man später belegen können, von welcher Plattform man wann unter welchen Bedingungen die genutzten Fotos heruntergeladen hat. Zudem verlangen einige Plattformen, dass bei der Nutzung der Fotos die Plattform die Fotografin, den Fotografen nennt.

Ersteinschätzung und Unterstützung bei Abmahnungen durch Keller Schneider Patent- und Markenanwälte AG mit Büros in Zürich/Bern/München

  • Ersteinschätzung: Prüfung der Abmahnung, rechtliche Erfolgsschätzung und konkrete Handlungsempfehlung zum Pauschalhonorar von CHF 300 plus MwSt.
  • Individuelles Schreiben (z.B. an die Gegenseite oder zur Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung) zum Pauschalhonorar CHF 250 plus MwSt.
  • Weitere Unterstützung: nach Absprache

Das Angebot umfasst insbesondere die Prüfung der geltend gemachten Anwaltskosten sowie der Unterlassungserklärung und gibt Ihnen eine verlässliche Grundlage für Ihr weiteres Vorgehen.

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Ueli Grüter oder Rechtsanwältin Dr. Giedre Neverauskas.

Kein Urheberrecht für Birkenstock-Sandalen

Am 20. Februar 2025 hat der Deutsche Bundesgerichtshof in drei Revisionsverfahren entschieden*, dass die legendären Sandalen von Birkenstock in Deutschland keinen urheberrechtlichen Schutz als Werke der angewandten Kunst geniessen.

Kurzer Designschutzhohe Hürden für Urheberrechtsschutz

Typisch wäre für Produkte, wie die Birkenstock-Sandalen, der Designschutz, der sowohl in Deutschland, wie in der Schweiz einen relativ tiefen Level an Originalität verlangt. Dieser dauert jedoch maximal 25 Jahre; auch in der Schweiz (s. dazu im Detail digilaw.ch Kapitel 08.08 Design). Da der Schuhmacher Karl Birkenstock seine ersten Modelle in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts entworfen hat, kam vorliegend nur noch der Urheberrechtsschutz infrage, der nach dem Tod des Urhebers noch 70 Jahre andauert; auch in der Schweiz. Die Hürden für den Urheberrechtsschutz sind jedoch sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz bedeutend höher, als für den Designschutz (s. dazu im Detail digilaw.ch Kapitel 08.05 Urheberrecht).

Birkenstock-Sandalen als «angewandte Kunst»

Birkenstock klagte in drei separaten Verfahren gegen verschiedene Konkurrenten, die ähnliche Sandalen verkaufen. Birkenstock hat dabei geltend gemacht, dass die Sandalen von Birkenstock als persönliche geistige Schöpfungen den Schutzvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 des Deutschen Urheberrechtsgesetzes (UrhG) entsprächen, da sie über individuelle gestalterische Elemente verfügten. Birkenstock verlangte Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz sowie den Rückruf und die Vernichtung der Nachahmungen.

Birkenstock «Porsche unter den Sandalen»

In den Verfahren beriefen sich die Rechtsvertreter von Birkenstock u.a. auf einen Entscheid des Bundesgerichtshofes von April 2022 (I ZR 222/20), in dem dieser urteilte, dass die Gestaltung des Porsche 356 als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt ist. Birkenstock-Sprecher Jochen Gutzy: «Wenn man so will, sind wir – jedenfalls in rechtlicher Hinsicht – so etwas wie der Porsche unter den Sandalen» (Stern Online 20.02.2025).

Bundesgerichtshof verneint Urheberrechtsschutz von Birkenstock-Sandalen

Der Bundesgerichtshof führt aus, dass Urheberrechtsschutz voraussetzt, dass ein Werk über eine hinreichende Gestaltungshöhe verfüge. Das bedeutet, dass ein gewisser gestalterischer Freiraum in künstlerischer Weise genutzt worden sein muss. Ein rein handwerkliches oder technisch bedingtes Design genüge nicht für den urheberrechtlichen Schutz. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass funktionale Anforderungen oder Marktgegebenheiten die Gestaltung erheblich beeinflussen können. Die Klägerin konnte nicht darlegen, dass ihre Sandalenmodelle eine solche Individualität aufweisen, die einen Urheberrechtsschutz rechtfertigen würden. Mit anderen Worten ergibt sich die Gestaltung der Birkenstock-Sandalen im Wesentlichen aus deren Funktion («Design follows Functionality»).

Birkenstock bleibt der Markenschutz

Es ist vielleicht ein schwacher Trost. Aber Birkenstock bleibt immerhin noch der Markenschutz. Wichtig ist darum, dass Produkte umfassend geschützt werden. Wenn ein Recht nicht durchsetzbar ist, bleiben vielleicht noch andere Rechte. Allenfalls greift als rechtliches «Auffangnetz» das Lauterkeitsrecht (s. dazu im Detail digilaw.ch Kapitel 08.02 Umfassendes Schutzrechte-Portfolio)

*I ZR 16/24; I ZR 17/24; I ZR 18/24 (zum Zeitpunkt der Redaktion dieses Artikels noch nicht publiziert); Pressemitteilung: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/2025038.html?nn=10690868

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.hslu.ch, www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch, www.intla.ch, www.twitter.com/juristenfutter

Kein Urheberrechtsschutz für KI

US-amerikanische Mehrheitsmeinung gilt auch für die Schweiz

In den USA hat Beryl A. Howell, Richterin am District Court for the District of Columbia, in der Sache «Thaler v. Perlmutter» entschieden, dass Werke, die von künstlicher Intelligenz (KI; Artifical Intelligence, AI) ohne wesentlichen oder mindestens überwiegenden menschlichen Einfluss erstellt wurden, keinen urheberrechtlichen Schutz geniessen.

Von KI erstelltes Bild «A Recent Entrance to Paradise»

«Geistige [menschliche] Schöpfung» als Schutzvoraussetzung

In der Schweiz würde ein Gericht in dieser Sache wohl gleich entscheiden. Gemäss Art. 2 Abs. 1 des schweizerischen Urheberrechtsgesetzes (URG) ist eine der Voraussetzungen für urheberrechtlichen Schutz, dass es sich beim zu schützenden Werk um eine «geistige Schöpfung» handelt und diese muss «auf menschlichem Willen beruhen» (s. dazu u.a. OFK, Rehbinder/Haas/Uhlig, 2022, RZ 2 zu Art. 2 URG). Mit anderen Worten muss das Werk eben auch nach schweizerischem Recht wesentlich oder mindestens überwiegend von einem Menschen geprägt sein.

Erstellt also eine KI ein Werk (insb. Literatur, Musik, Malerei; s. Art. 2 Abs. 2 URG) mehrheitlich ohne von Menschen vorgegebenen Parametern, wäre dieses Werk auch nach schweizerischem Recht urheberrechtlich nicht geschützt. Ich gehe jedoch davon aus, dass dies aktuell in der Regel noch nicht der Fall ist, weil Programmierer/innen noch zu viel vorbestimmen. Wie stärker die Technologie aber fortschreitet, je wahrscheinlicher es wird, dass KI praktisch eigenständig, also ohne menschliche Vorgaben Werke kreieren. Will man diesen Werken ebenfalls urheberrechtlichen Schutz zukommen lassen, müsste man für die Schweiz Art. 2 Abs. 1 URG entsprechend revidieren. Dies ist bei der Revision von 2019 (in Kraft seit 2020) noch nicht passiert, obwohl es bei dieser Revision insb. um die Anpassung des Gesetzes an technologische Entwicklungen gegangen ist (s. IGE, Revision des Urheberrechts).

Hinweis: The Hollywood Reporter 18.08.2023 AI-Created Art Isn’t Copyrightable, Judge Says in Ruling That Could Give Hollywood Studios Pause

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.hslu.ch, www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch, www.intla.ch, www.twitter.com/juristenfutter

Aktualisiert am 09. November 2023

Widerrechtliche Verwendung von ® © TM und Patent kann strafbar sein!

Gemäss einem Bericht der Luzerner Zeitung vom 26. Januar 2022 hat das an der Schweizer Börse kotierte Unternehmen Blackstone Resources mit Sitz in Baar mit Patenten geworben, die es nicht besitzt bzw. die allenfalls noch im Anmeldeverfahren stecken. Der Journalist weist in seinem Artikel darauf hin, dass dies börsenrechtliche Konsequenzen habe könnte, da das börsekotierte Unternehmen damit u.U. gegen die Regeln von SIX verstösst.

Unlautere Schutzrechtsberühmung kann strafbar sein

Die Behauptung eines effektiv nicht registrierten Patents kann jedoch gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 23 des schweizerischen Lauterkeitsgesetzes (UWG) sogar strafbar sein. Dies gilt auch für die Verwendung des Zeichens ® für nicht registrierte Marken. Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG handelt unlauter, wer über seine Waren, Werke oder Leistungen unrichtige oder irreführende Angaben macht oder in entsprechender Weise Dritte im Wettbewerb begünstigt. Letzteres kann z.B. zur Anwendung kommen, wenn ein Retailer ein entsprechendes, nicht existentes Recht bewirbt. Wer vorsätzlich gegen Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG verstösst, kann auf Antrag mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

«Patent pending» ist erlaubt

Erlaubt ist jedoch der Hinweis, dass ein Patent angemeldet wurde d.h. pendent ist («Patent pending»).

© und TM sind weniger problematisch

M.E. etwas weniger problematisch ist die Verwendung des Copyright-Zeichens © oder des, in unseren Breitengraden weniger üblichen Zeichens TM für eine nicht registrierte Marke (d.h. ein Name für ein Produkt [Ware oder Dienstleistung], der nicht registriert ist). Denn in diesen Fällen besteht ein grosser Interpretationsspielraum.

© bei Fotografien in der Schweiz immer erlaubt

Da Fotografien in der Schweiz seit der letzten Revision des Urheberrechtsgesetzes telquel geschützt sind (s. https://digilaw.ch/urheberrechtlicher-schutz-von-fotografien), kann nun mindestens in der Schweiz das Copyright-Zeichen © für Fotografien immer verwendet werden.

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.hslu.ch, https://twitter.com/juristenfutter, https://www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch, www.intla.ch

Aktualisiert am 30. Januar 2022

Pixabay – kostenlose und lizenzfreie Bilder

Seit dem 1. April 2020 (kein Scherz!) sind in der Schweiz Fotografien generell (telquel) geschützt, auch wenn sie keinen individuellen Charakter aufweisen (Art. 2 Abs. 3bis URG), also, auch wenn sie nicht besonders originell sind (s. dazu «Schnappschuss ist nun auch urheberrechtlich geschützt»). Seither nehmen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen durch die Publikation von Fotografien tendenziell zu. Auch wenn unsere Anwaltspraxis zeigt, dass entsprechende Rechte regelmässig nicht bestehen oder nicht durchgesetzt werden (können; s. dazu «Foto-Abmahnung – Was tun?»), ist es aus juristischer Sicht ratsam, bemüht zu sein, nur Fotografien zu publizieren, deren Rechte man dafür erworben hat oder die lizenzfrei sind.

Dafür habe ich bisher insb. auf die Plattform www.istockphoto.com von iStock by Getty Images verwiesen. Zwischenzeitlich ist mir aber nun auch www.pixabay.com über den digitalen Weg gelaufen. Pixabay.com ist eine internationale Website für Fotos, Illustrationen, Vektorgrafiken und Videos mit mehr als 1,8 Millionen Medien. Diese Bilder werden von Fotografen und Grafikern der Online-Community zur kostenlosen und lizenzfreien Nutzung zur Verfügung gestellt. Pixabay.com wird von der Pixabay GmbH mit Sitz bei den Lacore Rechtsanwälte LLP in Berlin betrieben. Pixabay.com übernimmt keine Garantie, dass die hochgeladenen Bilder frei von Rechten Dritter sind. D.h. tendenziell ist ein Rückgriff gegen die Pixabay GmbH bei einer Abmahnung nicht möglich. Interessant ist jedoch diesbezüglich, dass Pixabay.com offensichtlich von iStock by Getty Images gesponsert ist. Würde es sich bei Pixabay.com um ein juristisch problematisches Angebot handeln, würde Getty Images wohl die Plattform nicht unterstützen.

Quelle: Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Pixabay


Per 30. März 2021 hat Getty Images den kanadischen Anbieter von Fotos, die von ihren Urhebern der Online-Community ebenfalls zur kostenlosen Verwendung zur Verfügung gestellt werden, Unsplash Inc., übernommen. Damit dürfte es sich auch bei Unsplash um einen entsprechenden seriösen Anbieter handeln. (s. dazu auch Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Unsplash).


Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.schneiderfeldmann.legal, www.hslu.ch, https://twitter.com/juristenfutter, https://www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch

Aktualisiert am 30. März 2021

Foto-Abmahnung – Was tun?

Es gab sie schon früher, aber seit der Revision des schweizerischen Urheberrechts und dem Telquel-Schutz von Fotos tauchen sie erst recht auf, die Foto-Copyright-Haie, d.h. Anwaltskanzleien, aber auch sonstige Unternehmen, deren Geschäftsmodell darin besteht, andere wegen widerrechtlicher Verwendung von Fotografien, vor allem auf dem Internet, abzumahnen und dafür teilweise horrende Gebühren zu verlangen.

Unsere Klienten fragen uns dann verdattert an, ob diese Abmahnungen wohl seriös seien, ob sie die Fotos effektiv entfernen und die Gebühren bezahlen sollen.

Vorweg: keiner unserer Klienten hat bis jetzt bezahlt und keiner unserer Klienten wurde bis jetzt eingeklagt!

Das bedeutet zwar nicht, dass es keine seriösen und berechtigten Abmahnungen gibt, weist aber darauf hin, dass mindestens die uns bekannten wohl unberechtigt waren.

Foto-Abmahnung – Was tun?

Was soll man also tun, wenn man betreffend behaupteter widerrechtlicher Nutzung von Fotos abgemahnt wird? Das wichtigste ist, dass man einen Beleg für die Inhaberschaft des mit dem Foto verbundenen Urheberrechts verlangt. Wichtig dabei ist auch, dass z.B. eine Generalvollmacht eines Fotografen an eine Agentur nicht reicht. Der Urheber des Fotos, also der Fotograf muss bestätigen, dass er das beanstandete Bild effektiv fotografiert hat und dass er das mit diesem Bild verbundene Urheber-Vermögensrecht (Art. 10 Urheberrechtsgesetz, URG) an die Agentur übertragen hat. Ein solcher Beleg müsste auch für eine erfolgreiche gerichtliche Durchsetzung vorgelegt werden. Dies dürfte der Grund sein, wieso insbesondere US-amerikanische Fotoagenturen, wie z.B. Getty Images, ihre Rechte schlussendlich doch nicht, wie von den durch sie beauftragten Schweizer Anwälten angedroht, auf dem Gerichtsweg durchsetzen. Ein solcher Beleg ist für diese Agenturen im Einzelfall viel zu aufwendig. Bezahlt man an einen Unberechtigten, läuft man Gefahr, dass später auch noch der Berechtigte einen Anspruch erhebt, und man dann zwei Mal bezahlen muss. Wird effektiv ein entsprechender Beleg für die Inhaberschaft eines mit dem abgemahnten Foto zusammenhängenden Urheber-Vermögensrecht vorgelegt, sind zwei weitere Punkte zu prüfen. Mahnt nicht der Inhaber dieses Rechts selbst ab, muss derjenige, der die Abmahnung zugestellt hat, z.B. ein Rechtsanwalt, seinerseits belegen, dass er entsprechend bevollmächtigt ist. Zudem stellt sich die Frage, ob die verlangte Gebühr, die häufig eben horrend ist, überhaupt gerechtfertigt ist. Diesbezüglich kann man sich daran orientieren, wie wohl ein Gericht eine entsprechende Gebühr bzw. einen Schadenersatz wegen widerrechtlicher Urheberrechts-Nutzung berechnen würde. Dabei kommt regelmässig die sogenannte Lizenzanalogie zur Anwendung, d.h. ein Gericht fragt sich, was der widerrechtliche Nutzer wohl dem Berechtigten hätte zahlen müssen, wenn er von diesem legal eine Lizenz für das Foto bezogen hätte. Da die Nutzung aber widerrechtlich war, wird noch eine angemessener, aber nicht übermässiger Zuschlag gemacht; wohl nicht mehr als das Doppelte. Betreffend Urheberrechtslizenzen für Fotos kann man sich gerade bei entsprechenden Plattformen, wie diejenige von Getty Images orientieren. Schlussendlich braucht man selber einen Beleg für die Zahlung, den der Empfänger ausstellen muss.

In jedem Fall, bezahlen Sie nur mit grösster Vorsicht und Zurückhaltung, denn, wie gesagt, keiner unserer Klienten hat bis jetzt bezahlt und keiner unserer Klienten wurde bis jetzt eingeklagt!

Und zum Schluss noch dies. Werden Sie zu Unrecht abgemahnt, könnte diese Abmahnung eine unlautere Handlung nach Art. 3 Abs. 1 lit. b des Lauterkeitsgesetzes (UWG) darstellen, was wiederum nach Art. 23 UWG sogar strafbar sein könnte. D.h. Sie könnten als zu guter Letzt, nach juristischer Abklärung der Sache, allenfalls sogar gegen den Abmahner Strafanzeige bzw. Strafantrag stellen!

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.schneiderfeldmann.legal, www.hslu.ch, https://twitter.com/juristenfutter, https://www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch

Aktualisiert am 08. September 2025

Schnappschuss ist nun auch urheberrechtlich geschützt

Revidiertes Urheberrechtgesetz

Am 1. April 2020 (kein Scherz!) ist das revidierte schweizerische Urheberrechtsgesetz (URG) in Kraft getreten. Gemäss diesem Gesetz sind nun Fotografien generell (telquel) geschützt, auch wenn sie keinen individuellen Charakter aufweisen (Art. 2 Abs. 3bis URG), also, auch wenn sie nicht besonders originell sind. Damit sind nun insbesondere auch sogenannte Schnappschüsse urheberrechtlich geschützt, d.h. Fotografien, deren Motiv gerade so im Bild festgehalten wird, wie es vorgefunden wird, wie z.B. der hier abgebildete, von mir fotografierte Mops. Dieses Foto wäre vor der Revision des Urheberrechtsgesetzes wohl eher nicht geschützt gewesen.

Gemäss revidiertem Urheberrechtsgesetz sind auch «mit einem der Fotografie ähnlichen Verfahren hergestellte Wiedergaben» generell urheberrechtlich geschützt. Dabei handelt es sich z.B. um Bilder, die durch Infrarot- und Röntgenstrahlen entstehen, Mikro- und Makrokopien, Abzüge eines Negativfilms sowie Einzelbilder aus visuellen bzw. audiovisuellen Werken, wie z.B. Filmstills.

Voraussetzungen für den generellen Schutz von Fotografien ist, dass diese ein dreidimensionales Objekt abbilden. Damit gibt es keinen Telquel-Schutz von Fotokopien, Fotos von Fotos u.ä.

Art. 2 URG verlangt für den urheberrechtlichen Schutz generell, dass es sich um eine «geistige Schöpfung» handelt. Eine solche kann nur durch Menschenhand entstehen. Diese Regel gilt nach wie vor auch für Fotos. Damit geniessen z.B. automatisiert hergestellte Fotografien, wie Radarfotos, Fotos von Überwachungskameras oder von Radarfallen keinen urheberrechtlichen Schutz.

Gemäss Art. 80 URG kommen diese Bestimmungen auch auf Fotos zur Anwendung, die vor deren Inkrafttreten gemacht wurden. Hat jemand jedoch eine Fotografie, die vor Inkrafttreten dieser neuen Regeln entstanden ist, vor Inkrafttreten des revidierten Urheberrechtsgesetzes ohne Einwilligung des Rechtsinhabers verwendet, z.B. auf einer Homepage oder in einem Prospekt, muss er jene nun nicht entfernen. Eine erneute Verwendung in einem anderen Kontext ist jedoch ohne Einwilligung des Inhabers der entsprechenden Rechte nicht mehr zulässig.

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch, www.hslu.ch, https://twitter.com/juristenfutter, https://www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch

Aktualisiert am 29. Oktober 2020

Software ist nicht telquel geschützt

Voraussetzungen für den urheberrechtlichen Schutz von Software und Raster für Softwarevergleich

Die Softwarebranche selber hat durch teilweise geradezu aggressive Publicity dafür gesorgt, dass heute jedes Kind weiss, dass Software urheberrechtlich geschützt ist. Was die Branche jeweils nicht publiziert, ist, dass Software nicht telquel geschützt ist, sondern nur wenn sie Individualität bzw. Originalität gemäss Art. 2 des schweizerischen Urheberrechtsgesetzes (URG) aufweist. Was heisst dies konkret und was muss man vergleichen, wenn es um die Frage geht, ob eine Software das Urheberrecht einer anderen Software verletzt?

Eine Software muss eine bestimmte Aufgabe erledigen. Die diesem Blog zugrunde liegende Software wandelt Text, den man in einem Tool eingibt (Input) grafisch so um, dass man ihn im entsprechenden Blog auf dem Internet wahrnehmen kann (Output). Die Tools, die diese Aufgaben in einer Software erfüllen, nennt man Algorithmen. Diese Algorithmen bzw. ihre Programmierung müssen bzw. muss genügend originell gemäss Art. 2 URG sein. Dabei geht Literatur und Rechtsprechung bei Software mehrheitlich davon aus, dass der Grad an Originalität nicht besonders hoch sein muss, da der Gestaltungsfreiraum für Programmierer in er Regel eher klein sein dürfte. Falls Algorithmen nicht banal sind, ist tendenziell von Urheberrechtsschutz auszugehen. Nicht originell sind aber Algorithmen, die Gemeingut darstellen, d.h. eine Programmierung enthalten, die von allen verwendet werden können muss. In Sprache und Grafik sind z.B. einzelne Buchstaben, allgemein gebräuchliche Worte (in der Regel im Duden aufgeführt), allgemeine Formen (insb. Kreis, Quadrat) und Farben nicht monopolisierbar. Ebenfalls nicht originell im Sinne des Gesetzes sind Algorithmen, deren Lösungen für einen Fachmann bzw. Fachfrau naheliegend sind. Beim urheberrechtlichen Softwarevergleich gibt es Analogien zum Vergleich von Patenten bzw. mutmasslich patentverletzenden Produkten mit Patenten.

Wenn sich nun die Frage stellt, ob die eine Software die Urheberrechte der anderen Software verletzt, müssen die Algorithmen miteinander verglichen werden. Diese befinden sich im Sourcecode der Software. Für einen Softwarevergleich ist es also notwendig, dass der Sourcecode beider Softwaren offengelegt wird. In einer rechtlichen Auseinandersetzung kann für den Softwarevergleich z.B. ein Informatikunternehmen bzw. ein Informatikexperte als Treuhänderin bzw. Treuhänder bestimmt werden. Damit bleibt den Parteien der Einblick in den je anderen Sourcecode verwehrt.

Bei der Frage nach der Originalität eines Algorithmus ist weder die Idee, die dahinter steckt, noch das Konzept relevant, sondern ausschliesslich die Programmierung.

Beim Softwarevergleich, der in der Regel ebenfalls mittels Analysesoftware erfolgt, sollte in einem ersten Schritt gecheckt werden, ob alle oder mindestens sehr viele Algorithmen identisch oder mindestens sehr ähnlich sind. Trifft dies zu, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Urheberrechtsverletzung. Trifft dies nicht zu, muss in einem weiteren Schritt nach einzelnen identischen oder mindestens sehr ähnlichen Algorithmen Ausschau gehalten werden. In der Folge müssen in allen Fällen die Algorithmen auf ihre rechtliche Relevanz hin untersucht werden (s. dazu vorne).

Bereits ein identischer oder sehr ähnlicher Algorithmus kann für eine Urheberrechtsverletzung reichen.

Beinhaltet eine Software Algorithmen, die für sich alleine rechtlich nicht relevant sind (s. dazu vorne), kann eine Kombination solcher Algorithmen trotzdem zu einem urheberrechtlichen Schutz führen, wenn die Kombination ansich originell im Sinne des Gesetzes ist. Dies wäre dann ein geschütztes Sammelwerk im Sinne von Art. 4 URG.

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch
Aktualisiert am 02. März 2018