Swiss Apples in Gefahr? Mitnichten!

Apple-Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts ist juristisch unbedenklich

Mit Urteil vom 26. Juli 2023 (B-4493/2022 – Int. Reg. 1028240 [Apfel] (fig.)) in der Sache Apple Inc. gegen Eidg. Institut für Geistiges Eigentum (IGE) hat das schweizerische Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die hier abgebildete, internationale Marke auch in der Schweiz Schutz geniessen soll. Schon die öffentliche Verhandlung vom 20. April 2023 hat die Schweizer Obstbranche und die Schweizer Medien in Aufruhr versetzt. Dabei wurden wichtige markenrechtliche Punkte ausser Acht gelassen. Bei nüchterner juristischer Betrachtung ist der Fall jedoch unbedenklich.

Marke nur für Ton-, Video- und Filmaufnahmen und -Datenträger geschützt

Inhaber von Marken können grundsätzlich nur Schutz für die Waren und/oder Dienstleistungen beanspruchen, für die die entsprechende Marke hinterlegt bzw. registriert wurde. Die hier erwähnte Marke wurde von Apple in der Warenklasse 9 hinterlegt, insbesondere für Ton-, Video- und Filmaufnahmen sowie entsprechende Datenträger. Alle anderen Waren und Dienstleistungen sind damit also nicht betroffen. Entsprechende Produzenten, also auch Obstproduzenten, müssen sich diesbezüglich keine Sorgen machen.

Inhaltsbezogene Waren

Bei den von Apple in Bezug auf die hier erwähnte Marke beanspruchten Ton-, Video- und Filmaufnahmen sowie entsprechende Datenträger handelt es sich um inhaltsbezogene Waren. «Inhaltsbezogen» bedeutet, dass die Waren erst durch deren Inhalt markenrechtlich definiert werden (z.B. ein Film über ein bestimmtes Thema). Dabei können diese Inhalte x-beliebig sein. Würden Begriffe wie «Apfel» oder entsprechende Zeichen als Marken für solche inhaltsbezogenen Waren (und Dienstleistungen) à priori nicht zugelassen, «würde dies […] [nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts] den Zweck des Markenrechts im Bereich der Inhaltswaren und die Eintragung von Marken für solche Waren und Dienstleistungen überhaupt verunmöglichen». Dafür zieht das Bundesverwaltungsgericht den jüngeren Entscheid «Butterfly» des schweizerischen Bundesgerichts analog zu (Urteil des BGer 4A_158/2022 vom 8. September 2022 E. 6.3.1 «Butterfly»). In diesem Entscheid äusserte sich das Bundesgericht grundsätzlich zu Wortmarken, die sich in der Bezeichnung einer potenziellen Form der Ware erschöpfen (hier also eines Schmetterlings). Es gehe nicht an, jedes Wortzeichen, das auf eine bestimmte denkbare, mögliche Form oder ein bestimmtes denkbares, mögliches Motiv für Gepäck, Kleider, Schuhe oder Spielzeug Bezug nehme, wegen beschreibenden Charakters vom Markenschutz auszunehmen. Andernfalls wären für diese Waren nur noch Begriffe als Marken schützbar, die sich nicht gegenständlich darstellen liessen. Dies ginge zu weit. Das Bundesgericht betont im Entscheid «Butterfly», die Marke monopolisiere nicht die Schmetterlingsform als Warenform. Auch im vorliegenden Fall wird gemäss Bundesverwaltungsgericht nicht die Apfelform als Warenform monopolisiert, doch kommt die Eintragung eines Apfelbildes einem Formmonopol näher als wenn die Wortmarke APFEL angemeldet wäre. Das hier verwendete Bild eines Apfels ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts für Inhalte von Ton-, Video- und Filmaufnahmen sowie für Inhalte von entsprechenden Datenträgern erfahrungsgemäss nicht typisch. Dass eine wesentliche Zahl von Anbietern diese Gestaltung des Apfels zum selben Thema freihalten möchte und dadurch eine aktuelle Nachfrage besteht, die durch die Marke nicht behindert werden darf, ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich oder zu erwarten. Aufgrund fehlender Anzeichen für einen breiten Gebrauch ausschliesslich oder massgeblich über Äpfel ist nicht von einem aktuellen Marktinteresse bzw. Freihaltebedürfnis an der Marke auszugehen.

Kein Schutz gegen Medien, die thematisch von Äpfeln handeln

Ausdrücklich weist das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil darauf hin, dass Apple das erwähnte, als Marke hinterlegte Apfelbild keinen Medien bzw. entsprechenden Ton-, Video- und Filmproduktionen entgegenhalten könne, die thematisch von Äpfeln handeln, da es sich bei der Marke explizit nicht um eine Formmarke (s. dazu https://digilaw.ch/marke) handle.

Apple-Logo ist nicht Teil des Urteils

Neben diversen Schweizer Medien erweckt sogar die Kommunikationsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Verwendung des bekannten Apple-Logos in seiner Medienmitteilung (sic!; s. https://www.bvger.ch/de/newsroom/medienmitteilungen/schutz-fuer-apples-bildmarke-1162) den Eindruck, es gehe im vorliegenden Fall um das bekannte Apple-Logo. Dies ist jedoch nicht der Fall!

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht rechtskräftig

Das vorliegende Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes kann innert 30 Tagen seit Erhalt durch die Parteien beim Bundesgericht angefochten werden und ist damit zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrags (10.08.2023) noch nicht rechtskräftig. Sollte auch noch das Bundesgericht über diesen Fall entscheiden, würde dieser Beitrag entsprechend aktualisiert.

Tipp an den Obstverband – Löschungsantrag bei Nichtgebrauch

Und zum Schluss noch einen Tipp an den Schweizer Obstverband 😉.

Sollte der Schutz der vorliegenden Marke von Apple effektiv auch für die Schweiz rechtskräftig werden, sollte sich der Obstverband ab Publikation eine fünfjährige Frist notieren. Für Marken mit Schutz in der Schweiz gilt gemäss Art. 11 f. Markenschutzgesetz (MSchG) eine Pflicht, die registrierte Marke innert fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der Widerspruchsfrist oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens für die hinterlegten Waren und/oder Dienstleistungen zu benützen bzw. zu gebrauchen. Bei Nichtgebrauch kann nach Art. 35a MSchG jede Person beim IGE einen Antrag auf Löschung der Marke stellen.

Die hier erwähnte Marke habe ich bis dato in der Schweiz noch nicht gesehen. Sollten Apple oder allenfalls auch Lizenznehmer von dieser die Marke innert genannter fünf Jahre in der Schweiz (oder in Deutschland –> spezielles Abkommen Schweiz-Deutschland betr. Markengebrauch) nicht entsprechend benützen, könnte insbesondere auch der Schweizer Obstverband Löschung der Marke verlangen.

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.hslu.ch, www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch, www.intla.ch, www.twitter.com/juristenfutter

Widerrechtliche Verwendung von ® © TM und Patent kann strafbar sein!

Gemäss einem Bericht der Luzerner Zeitung vom 26. Januar 2022 hat das an der Schweizer Börse kotierte Unternehmen Blackstone Resources mit Sitz in Baar mit Patenten geworben, die es nicht besitzt bzw. die allenfalls noch im Anmeldeverfahren stecken. Der Journalist weist in seinem Artikel darauf hin, dass dies börsenrechtliche Konsequenzen habe könnte, da das börsekotierte Unternehmen damit u.U. gegen die Regeln von SIX verstösst.

Unlautere Schutzrechtsberühmung kann strafbar sein

Die Behauptung eines effektiv nicht registrierten Patents kann jedoch gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 23 des schweizerischen Lauterkeitsgesetzes (UWG) sogar strafbar sein. Dies gilt auch für die Verwendung des Zeichens ® für nicht registrierte Marken. Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG handelt unlauter, wer über seine Waren, Werke oder Leistungen unrichtige oder irreführende Angaben macht oder in entsprechender Weise Dritte im Wettbewerb begünstigt. Letzteres kann z.B. zur Anwendung kommen, wenn ein Retailer ein entsprechendes, nicht existentes Recht bewirbt. Wer vorsätzlich gegen Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG verstösst, kann auf Antrag mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

«Patent pending» ist erlaubt

Erlaubt ist jedoch der Hinweis, dass ein Patent angemeldet wurde d.h. pendent ist («Patent pending»).

© und TM sind weniger problematisch

M.E. etwas weniger problematisch ist die Verwendung des Copyright-Zeichens © oder des, in unseren Breitengraden weniger üblichen Zeichens TM für eine nicht registrierte Marke (d.h. ein Name für ein Produkt [Ware oder Dienstleistung], der nicht registriert ist). Denn in diesen Fällen besteht ein grosser Interpretationsspielraum.

© bei Fotografien in der Schweiz immer erlaubt

Da Fotografien in der Schweiz seit der letzten Revision des Urheberrechtsgesetzes telquel geschützt sind (s. https://digilaw.ch/urheberrechtlicher-schutz-von-fotografien), kann nun mindestens in der Schweiz das Copyright-Zeichen © für Fotografien immer verwendet werden.

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Aktualisiert am 30. Januar 2022

Apple mit Birnen vergleichen

Dass die «crazy legal stories» aus den USA kommen, das weiss ich, seit ich internationales Recht unterrichte. Zu dieser Kategorie Fälle gehört nun auch der Widerspruch des US-Giganten Apple gegen die hier abgebildete US-Bildmarke 87315348 [«Birne»] des US-Startups Super Healthy Kids, Inc. für deren Koch-App «Prepear» (Details zum Case bei «iPhone in Canada»). Das Startup ist nun dermassen verzweifelt, dass es eine Online-Petition «Save the Pear from Apple!» gestartet hat, die bereits fast 50’000 Leute unterzeichnet haben. Die Petition läuft noch; auch Europäer können unterzeichnen. Nun sind wir einmal gespannt, ob in diesem Fall nur Apple etwas «crazy» ist oder allenfalls auch das US-Markenamt. Fortsetzung folgt …

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Was bleibt finanziell von einem Bestseller?

Vor allem an der Hochschule Luzern – Design & Kunst werden ich als Jurist von Studierenden oft nach ökonomischen Aspekten von geistigem Eigentum bzw. Intellectual Property gefragt. Z.B. fragen mich die Studierenden, ob es im Gesetz eine Bestimmung gibt, die besagt, wie gross der Prozentsatz von Tantiemen ist. Das gibt es nicht. Diese und andere ökonomischen Fragen richten sich ganz nach dem Markt.

Vor kurzem bin ich in der NZZ zu dieser Thematik auf einen sehr illustrativen Artikel von Marc Neumann gestossen, der der Frage nachgeht, was finanziell von einem Buch-Bestseller in den USA für den Autor, die Autorin übrig bleibt. Die Zahlen sind erstaunlich ernüchternd … Für den europäischen und gar den schweizerischen Markt wohl noch mehr.

NZZ Online 13.05.2020, Marc Neumann Millionenvorschuss – und alles in Butter? Für Schriftsteller in den USA geht die Rechnung nicht immer auf

Schnappschuss ist nun auch urheberrechtlich geschützt

Revidiertes Urheberrechtgesetz

Am 1. April 2020 (kein Scherz!) ist das revidierte schweizerische Urheberrechtsgesetz (URG) in Kraft getreten. Gemäss diesem Gesetz sind nun Fotografien generell (telquel) geschützt, auch wenn sie keinen individuellen Charakter aufweisen (Art. 2 Abs. 3bis URG), also, auch wenn sie nicht besonders originell sind. Damit sind nun insbesondere auch sogenannte Schnappschüsse urheberrechtlich geschützt, d.h. Fotografien, deren Motiv gerade so im Bild festgehalten wird, wie es vorgefunden wird, wie z.B. der hier abgebildete, von mir fotografierte Mops. Dieses Foto wäre vor der Revision des Urheberrechtsgesetzes wohl eher nicht geschützt gewesen.

Gemäss revidiertem Urheberrechtsgesetz sind auch «mit einem der Fotografie ähnlichen Verfahren hergestellte Wiedergaben» generell urheberrechtlich geschützt. Dabei handelt es sich z.B. um Bilder, die durch Infrarot- und Röntgenstrahlen entstehen, Mikro- und Makrokopien, Abzüge eines Negativfilms sowie Einzelbilder aus visuellen bzw. audiovisuellen Werken, wie z.B. Filmstills.

Voraussetzungen für den generellen Schutz von Fotografien ist, dass diese ein dreidimensionales Objekt abbilden. Damit gibt es keinen Telquel-Schutz von Fotokopien, Fotos von Fotos u.ä.

Art. 2 URG verlangt für den urheberrechtlichen Schutz generell, dass es sich um eine «geistige Schöpfung» handelt. Eine solche kann nur durch Menschenhand entstehen. Diese Regel gilt nach wie vor auch für Fotos. Damit geniessen z.B. automatisiert hergestellte Fotografien, wie Radarfotos, Fotos von Überwachungskameras oder von Radarfallen keinen urheberrechtlichen Schutz.

Gemäss Art. 80 URG kommen diese Bestimmungen auch auf Fotos zur Anwendung, die vor deren Inkrafttreten gemacht wurden. Hat jemand jedoch eine Fotografie, die vor Inkrafttreten dieser neuen Regeln entstanden ist, vor Inkrafttreten des revidierten Urheberrechtsgesetzes ohne Einwilligung des Rechtsinhabers verwendet, z.B. auf einer Homepage oder in einem Prospekt, muss er jene nun nicht entfernen. Eine erneute Verwendung in einem anderen Kontext ist jedoch ohne Einwilligung des Inhabers der entsprechenden Rechte nicht mehr zulässig.

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Aktualisiert am 29. Oktober 2020

Besserer Innovationsschutz in China

In der Ausgabe vom 21. Juni 2018 schreibt NZZ-China-Korrespondent Matthias Müller, dass gemäss Angaben der Europäischen Handelskammer 34% der Firmen an, dass die Vollstreckung bestehender Gesetze und Regulierung zum Schutz geistigen Eigentums ausreichend oder gar exzellent sei. Dennoch ist nicht alles Gold, was glänzt, denn es beklagen sich 29% der befragten Unternehmen, ihnen sei «signifikanter Schaden» durch Verstösse gegen bestehende Gesetze entstanden. Chinas Regierung hat in den vergangenen Monaten diverse Male betont, wie wichtig ihr der Schutz geistigen Eigentums sei. Im Zuge der Massnahmen wurden in Guangzhou, Peking und Schanghai Gerichte installiert, die für Klagen in diesem Bereich zuständig sind. Solche Beispiele zeigen, dass es sich nicht um Lippenbekenntnisse handelt, denn bei den technologisch aufstrebenden chinesischen Firmen wächst der Wunsch, dass ihre Patente besser geschützt werden, um einen bestehenden Wettbewerbsvorteil zu sichern. Allerdings fällt es den chinesischen Machthabern trotz gutem Willen schwer, mit der Entwicklung Schritt zu halten. So mangelt es auf juristischer Ebene an einer intakten Infrastruktur sowie Personal, um die bestehenden Gesetze durchzusetzen. Die Justiz ist überfordert: 2017 gab es 216 000 Klagen wegen Verstössen gegen bestehende Regeln zum Schutz des geistigen Eigentums, 3% davon stammten von ausländischen Firmen.

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch
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Aktualisiert am 24. Juni 2018