Kein Urheberrechtsschutz für KI

US-amerikanische Mehrheitsmeinung gilt auch für die Schweiz

In den USA hat Beryl A. Howell, Richterin am District Court for the District of Columbia, in der Sache «Thaler v. Perlmutter» entschieden, dass Werke, die von künstlicher Intelligenz (KI; Artifical Intelligence, AI) ohne wesentlichen oder mindestens überwiegenden menschlichen Einfluss erstellt wurden, keinen urheberrechtlichen Schutz geniessen.

Von KI erstelltes Bild «A Recent Entrance to Paradise»

«Geistige [menschliche] Schöpfung» als Schutzvoraussetzung

In der Schweiz würde ein Gericht in dieser Sache wohl gleich entscheiden. Gemäss Art. 2 Abs. 1 des schweizerischen Urheberrechtsgesetzes (URG) ist eine der Voraussetzungen für urheberrechtlichen Schutz, dass es sich beim zu schützenden Werk um eine «geistige Schöpfung» handelt und diese muss «auf menschlichem Willen beruhen» (s. dazu u.a. OFK, Rehbinder/Haas/Uhlig, 2022, RZ 2 zu Art. 2 URG). Mit anderen Worten muss das Werk eben auch nach schweizerischem Recht wesentlich oder mindestens überwiegend von einem Menschen geprägt sein.

Erstellt also eine KI ein Werk (insb. Literatur, Musik, Malerei; s. Art. 2 Abs. 2 URG) mehrheitlich ohne von Menschen vorgegebenen Parametern, wäre dieses Werk auch nach schweizerischem Recht urheberrechtlich nicht geschützt. Ich gehe jedoch davon aus, dass dies aktuell in der Regel noch nicht der Fall ist, weil Programmierer/innen noch zu viel vorbestimmen. Wie stärker die Technologie aber fortschreitet, je wahrscheinlicher es wird, dass KI praktisch eigenständig, also ohne menschliche Vorgaben Werke kreieren. Will man diesen Werken ebenfalls urheberrechtlichen Schutz zukommen lassen, müsste man für die Schweiz Art. 2 Abs. 1 URG entsprechend revidieren. Dies ist bei der Revision von 2019 (in Kraft seit 2020) noch nicht passiert, obwohl es bei dieser Revision insb. um die Anpassung des Gesetzes an technologische Entwicklungen gegangen ist (s. IGE, Revision des Urheberrechts).

Hinweis: The Hollywood Reporter 18.08.2023 AI-Created Art Isn’t Copyrightable, Judge Says in Ruling That Could Give Hollywood Studios Pause

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.hslu.ch, www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch, www.intla.ch, www.twitter.com/juristenfutter

Aktualisiert am 09. November 2023

Schnappschuss ist nun auch urheberrechtlich geschützt

Revidiertes Urheberrechtgesetz

Am 1. April 2020 (kein Scherz!) ist das revidierte schweizerische Urheberrechtsgesetz (URG) in Kraft getreten. Gemäss diesem Gesetz sind nun Fotografien generell (telquel) geschützt, auch wenn sie keinen individuellen Charakter aufweisen (Art. 2 Abs. 3bis URG), also, auch wenn sie nicht besonders originell sind. Damit sind nun insbesondere auch sogenannte Schnappschüsse urheberrechtlich geschützt, d.h. Fotografien, deren Motiv gerade so im Bild festgehalten wird, wie es vorgefunden wird, wie z.B. der hier abgebildete, von mir fotografierte Mops. Dieses Foto wäre vor der Revision des Urheberrechtsgesetzes wohl eher nicht geschützt gewesen.

Gemäss revidiertem Urheberrechtsgesetz sind auch «mit einem der Fotografie ähnlichen Verfahren hergestellte Wiedergaben» generell urheberrechtlich geschützt. Dabei handelt es sich z.B. um Bilder, die durch Infrarot- und Röntgenstrahlen entstehen, Mikro- und Makrokopien, Abzüge eines Negativfilms sowie Einzelbilder aus visuellen bzw. audiovisuellen Werken, wie z.B. Filmstills.

Voraussetzungen für den generellen Schutz von Fotografien ist, dass diese ein dreidimensionales Objekt abbilden. Damit gibt es keinen Telquel-Schutz von Fotokopien, Fotos von Fotos u.ä.

Art. 2 URG verlangt für den urheberrechtlichen Schutz generell, dass es sich um eine «geistige Schöpfung» handelt. Eine solche kann nur durch Menschenhand entstehen. Diese Regel gilt nach wie vor auch für Fotos. Damit geniessen z.B. automatisiert hergestellte Fotografien, wie Radarfotos, Fotos von Überwachungskameras oder von Radarfallen keinen urheberrechtlichen Schutz.

Gemäss Art. 80 URG kommen diese Bestimmungen auch auf Fotos zur Anwendung, die vor deren Inkrafttreten gemacht wurden. Hat jemand jedoch eine Fotografie, die vor Inkrafttreten dieser neuen Regeln entstanden ist, vor Inkrafttreten des revidierten Urheberrechtsgesetzes ohne Einwilligung des Rechtsinhabers verwendet, z.B. auf einer Homepage oder in einem Prospekt, muss er jene nun nicht entfernen. Eine erneute Verwendung in einem anderen Kontext ist jedoch ohne Einwilligung des Inhabers der entsprechenden Rechte nicht mehr zulässig.

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch, www.hslu.ch, https://twitter.com/juristenfutter, https://www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch

Aktualisiert am 29. Oktober 2020