Was droht, wenn man auf der Strasse über die Stränge schlägt?

Was droht einem eigentlich, wenn man auf der Strasse über die Stränge schlägt? Gemäss Strassenverkehrsgesetz (SVG) und der entsprechenden Verordnung kann ein Verstoss im Strassenverkehr sowohl zu einer Strafe führen, die Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht verhängen, also auch zu einer Massnahme, die das Strassenverkehrsamt verfügt. Entsprechende Übersichten finden sich unter folgendem Links:

Strafen: Merkblatt der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern
Massnahmen: Merkblatt des Verkehrssicherheitszentrums VSZ OW/NW

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch, www.hslu.ch, https://twitter.com/juristenfutter, https://www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch

Sex mit Unterschrift

Wenn sich Juristen und Informatiker mit #Sex befassen, wird es bisweilen absurd. Wer rechtssicher Sex haben will, kann sich jetzt die App «I Willl» herunterladen (iwilllapp.com). Hier bestätigen die Partner per Video, Sprachmemo oder Unterschrift, dass sie einvernehmlich handeln. Das Programm soll auch Missverständnisse bei Freundschaften, Liebeserklärungen und Verlobungen ausschliessen. Nach den #MeeToo Affären wird in vielen Staaten diskutiert, auf welche Weise sich die eindeutige Zustimmung der Sexualpartner zum Sex definieren lässt. (Quelle: Stern 51/2019)

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch, www.hslu.ch, https://twitter.com/juristenfutter, https://www.linkedin.com/in/ueli-grueter, www.digilaw.ch

Ist Staatsanwaltschaft hundefeindlich?

Rechtsanwalt Ueli Grüter mit seiner Hündin (Foto Eveline Beerkircher)

Rechtsanwalt Ueli Grüter übt Kritik wegen Biss-Vorfällen im Kanton Aargau. Für Ueli Grüter besteht oft kein Bedürfnis, nach einem Beissvorfall strafrechtliche Massnahmen vorzunehmen.

von Nora Güdemannaz Aargauer Zeitung

Im Freiamt soll ein kleiner Hund, keine 30 Zentimeter hoch, eine Joggerin angefallen und ihr in den Hintern gebissen haben. Die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten verfügte gegen die Hundehalterin einen Strafbefehl mit Geldstrafe und Busse von über 1600 Franken, dazu kam ein Eintrag im Strafregister. Wenn sich die Parteien nicht einigen sollten, landet der Fall beim Bezirksgericht Muri.

Die Hundehalterin wird von Anwalt und Hochschuldozent Ueli Grüter vertreten. Er ist selbst Halter eines Mops und mit dem Vorgehen der Staatsanwaltschaft gar nicht einverstanden. Grüter, der als Rechtsexperte immer wieder in den Medien auftritt und einen eigenen Blog führt, hat im Kanton Aargau eine «Häufung von juristisch unhaltbaren Strafverfahren gegen Hundehalter» beobachtet. «Die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten verurteilt meine Klientin pauschal, ohne ihr irgendein konkretes Fehlverhalten vorzuwerfen», sagt er.


Beitrag zum Thema: Strafbefehl – Unbedingt Einsprache erheben!


Ausserdem sei es für ihn unerklärlich, wie ein so kleiner Hund einer Joggerin ins Hinterteil beissen könne. «Und ich frage mich, was meine Mandantin, sollte ihr Hund tatsächlich gebissen haben, dagegen hätte tun können», sagt Grüter. Er habe den Eindruck, dass die Staatsanwaltschaften juristisch unbegründet Hundehalter in die Zange nehmen.

Dazu nennt er zwei weitere Beispiele aus dem Aargau: Vor dem Bezirksgericht Kulm stand kürzlich ein Mann, dessen Hund in einem Restaurant auf einen anderen losgegangen und ihn gebissen haben soll. Beweise dafür gab es jedoch nicht, der Hundehalter wurde freigesprochen. Das Bezirksgericht Brugg verhandelte den Fall einer jungen Frau, deren Hund sich von der Leine losgerissen und ein Reh attackiert hatte. Auch sie wurde freigesprochen, ihr konnte keine Verletzung der Sorgfaltspflicht vorgeworfen werden.

«Hunde sind keine Maschinen»

Anwalt Ueli Grüter geht davon aus, dass auch der Biss-Fall aus Muri vor dem Bezirksgericht landen wird. Die Wahrscheinlichkeit sei aber hoch, dass seine Mandantin freigesprochen werde. Grüter stösst sich an der Verschwendung von Ressourcen, die die Staatsanwaltschaft mit «voreiligen Strafbefehlen, die meist zu einem Freispruch führen», verursachten. Grüter sagt: «Wenn dem Hundehalter keine konkrete Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann, ist sein Verhalten auch nicht strafbar.» Wenn ein Hund zubeisst, sei das primär ein zivilrechtlicher Fall, der durch die Haftpflichtversicherung gedeckt werde.
Der Anwalt Ueli Grüter mit seiner Hündin.

Die meisten Gerichte berücksichtigten bei ihren Entscheiden, dass Hunde keine Maschinen, sondern Lebewesen sind, die man nicht einfach beherrschen könne. Denn trotz aller Vorkehrungen bestehe ein Restrisiko, gebissen zu werden. Hundehalter Grüter würde nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass sein Mops nie jemanden beissen würde. Bis jetzt habe sich der Hund aber stets ruhig verhalten.

Laut Ueli Grüter sollten sich die Staatsanwaltschaften, anstatt eine Verhandlung vor Gericht zu provozieren, bemühen, dass sich Kläger und Beschuldigte einigen. Dann könne der Fall über die Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Weiter rät er Hundehaltern und Biss-Opfern von voreiligen Anzeigen ab: «Sobald die Mühlen von Polizei und Staatsanwaltschaft zu mahlen beginnen, entstehen auf allen Seiten enorme Kosten.» Trotz Freispruch und Entschädigung blieben viele Hundehalter und Opfer auf einem grossen Teil der Anwaltskosten sitzen, so Grüter. Er ist der Meinung, dass die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau eingreifen sollte: «Hier werden sinnlos Tausende von Franken an Steuergeldern verbrannt.»

Staatsanwaltschaft wehrt sich

Fiona Strebel, Sprecherin der Aargauer Staatsanwaltschaft, weist Grüters Vorwürfe zurück: «Die Staatsanwaltschaft nimmt Hundehalter nicht juristisch unbegründet in die Zange», sagt sie. Und es sei falsch, dass ein Hundebiss primär zivilrechtlich behandelt werden könne. «Nebst der einfachen fahrlässigen Körperverletzung, die wir auf Antrag der gebissenen Person untersuchen, gibt es die Offizialdelikte», so Strebel. Dies sind zum Beispiel Widerhandlungen gegen das Tierschutz- oder gegen das Hundegesetz, oder schwere Körperverletzung. Diese Delikte werden von Amtes wegen verfolgt. «Und das tut die Staatsanwaltschaft nicht, um Steuergelder zu verbrennen, sondern weil es zu unserer gesetzlichen Aufgabe gehört, auch im Interesse der Bevölkerung», sagt Strebel. Weiter trage der Hundehalter die Verfahrenskosten nur bei einer Verurteilung.

Wie viele Hundebiss-Verfahren im letzten Jahr geführt wurden und wie viele mit einem Freispruch oder einer Verurteilung endeten, ist unklar. «Wir führen keine Statistik über die Anzahl Fälle mit Hundebissen», so Strebel. Eine Vorstellung davon, wie bissig die Aargauer Hunde sind, gibt der Jahresbericht des Amts für Verbraucherschutz. 2018 waren 40 000 Hunde im Kanton angemeldet. Beim Veterinärdienst gingen 596 Meldungen (Vorjahr 542) zu Hunden ein, die Mensch oder Tier gebissen hatten oder durch aggressives Verhalten auffielen. Das Veterinäramt sprach im letzten Jahr 104 Verwarnungen gegen Hundehalter aus, was im Vergleich zu 2017 einer Zunahme von 68 Prozent entspricht. In 113 Fällen kam es zu einer Strafanzeige.

Veröffentlicht in der Aargauer Zeitung am 1. Juli 2019: https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/freiamt/ist-die-aargauer-staatsanwaltschaft-hundefeindlich-anwalt-uebt-kritik-wegen-biss-vorfaellen-134690423
Aktualisiert am 02. März 2020

Die Polizei, dein Gegner

Gebrauchsanweisung für den Umgang von Opfern mit der Polizei

Vor kurzem wurde ich am Luzerner Rotsee massiv bedroht. Geschockt habe ich die Notrufnummer 117 gewählt und sogleich den Eindruck erhalten, dass ich da Polizisten in ihrer Nachmittagsruhe störe. Da ich – in der freien Natur – keine Adresse angeben konnte, drohte mir der Polizist seinerseits, das Telefon aufzuhängen (sic!). Nur dank dem, dass ich noch ein Restaurant in der Nähe nennen konnte, ist die Polizei überhaupt ausgerückt. Vor Ort hatte ich aber nach wie vor nicht den Eindruck, dass diese Polizisten meine „Freunde und Helfer“ sind. Ich wurde wie ein Täter behandelt. Gegipfelt hat die unerfreuliche Episode darin, dass die Polizisten den Täter, trotz klarer Beweise (Fotos, Zeugen), in Schutz nahmen und mich zu einer Einigung mit dem Täter drängen wollten.

Lessons Learned

Aus diesem Vorfall, der sich mit den Erfahrungen meiner Klienten deckt, habe ich folgendes für den Umgang von Opfern mit der Polizei gelernt:

  • Lassen Sie sich durch das Auftreten der Polizei nicht einschüchtern; Sie sind das Opfer, nicht der Täter!
  • Verhalten Sie sich gegenüber der Polizei kooperativ, aber bestimmt; sie haben als Opfer Rechte.
  • Bewahren Sie Ruhe und beschreiben Sie den Vorfall möglichst klar und sachlich, ohne Emotionen.
  • Lassen Sie sich darüber hinaus von der Polizei nicht in ein Verhör verwickeln.
  • Zeigen Sie der Polizei auf Verlangen Ihre ID (passen Sie auf, dass Sie diese wieder zurück erhalten …). Mehr Angaben zu Ihrer Person braucht die Polizei nicht (Ihr Zivilstand z.B. spielt keine Rolle!)
  • Treten Sie vorderhand lediglich als Anzeigesteller und nicht als Privatkläger auf; letzteres könnte Kostenfolgen haben und muss allenfalls mit einem Rechtsanwalt besprochen werden.
  • Machen Sie vor allem bei gravierenden Fällen Opferhilfe geltend (s. nachfolgend)
  • Kontaktieren Sie Ihre Rechtsschutzversicherung, falls Sie eine solche haben und falls diese auch Straffälle deckt (s. Allgemeine Versicherungsbedingungen)
  • Konsultieren Sie so bald als möglich einen Rechtsanwalt, falls der Vorfall gravierend ist.

    Auch wenn die Luzerner Polizei in diesem Fall nicht wie mein „Freund und Helfer“ aufgetreten ist, sollte sie die Rechte der Opfer eigentlich kennen, denn sie publiziert – vorbildlich – auf ihrer Homepage ein Merkblatt zur Opferhilfe: https://polizei.lu.ch/praevention/kriminalpraevention/opferhilfe.

    Das Opferhilfegesetz findet sich unter folgendem Link: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20041159/index.html.

    Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch
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    Aktualisiert am 25. Mai 2019

  • Strafbefehl – Unbedingt Einsprache erheben!

    Strafverfolgungsbehörden haben die Möglichkeit, Fälle mittels Strafbefehl ohne grosse Abklärungen im Eilverfahren abzuschliessen. Eine Studie von Strafrechtsprofessor Marc Thommen von der Uni Zürich, die vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert wird, hat nun gezeigt, dass Beschuldigte bei einem Strafbefehl unbedingt innert 10 Tagen nach dessen Erhalt Einsprache erheben sollten. Aktuell tun dies nur gerade 10 %. Bei 50 Dossiers haben die Forscher im Detail untersucht, wie sich eine Anfechtung des Strafbefehls auf Freiheitsstrafen auswirkt. Nur in einem einzigen Fall wurde eine solche im Gegensatz zum Strafbefehl verlängert. In 18 Fällen blieben die Sanktionen unverändert. Aber in 31 Fällen verkürzten die Richter die Freiheitsstrafen, zum Teil massiv. In einzelnen Fällen erfolgten sogar Freisprüche.

    Die Resultate der Studie decken sich mit meinen eigenen Erfahrungen in meiner Anwaltspraxis. Gerade ist mir ein Strafbefehl einer Bekannten unter die Augen gekommen, die wegen einem behaupteten Biss ihres wirklich kleinen Hundes von der Staatanwaltschaft des Kantons Aargau zu einer drastischen Strafe verurteilt wurde. Es ist mir absolut unerklärlich, wie die Staatsanwaltschaft basierend auf der mir vorliegenden Rechtsprechung zu Hundebissen in diesem Fall überhaupt zu einer Verurteilung gekommen ist. Wir haben nun Einsprache erhoben. Fortsetzung folgt …

    Quelle: SonntagsZeitung 16.03.2019, Roland Gamp, Um Massendelikte zu ahnden, greifen Strafverfolger zu fragwürdigen Methoden.

    Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch
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    Sogar K-Tipp verschickt Spam-Mails!

    Das Konsumentenmagazin K-Tipp, das Woche für Woche illegale Machenschaften von Unternehmen anprangert, hat heute selbst ein Spam-Mail versandt! Ich war zwar einmal Abonnent von K-Tipp, bin es aber zwischenzeitlich nicht mehr. Als ich mich mit einem Klick auf den Unsubscription-Button („Klicken Sie hier, um sich vom Newsletter abzumelden“) vom Newsletter abmelden wollte, wurde ich auf eine Seite geleitet, auf der ich mich wieder für den Newsletter anmelden, jedoch nicht abmelden kann (sic!) – und bin prompt reingefallen …

    Dieses E-Mail von K-Tipp ist damit umfassend illegal. Es verstösst sowohl gegen das Opt-in-, wie auch gegen das Opt-out-Prinzip von Art. 3 Abs. 1 lit. o Lauterkeitsgesetz (UWG). Ein Verstoss gegen Art. 3 UWG kann nach Art. 23 UWG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden. Die Details betreffend Spam-Mails werden im Blog-Beitrag Spam – Unerwünschte E-Mails sind illegal erörtert.

    Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch
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    „Es gilt die Unschuldsvermutung“ – überflüssige Klausel

    Immer wieder stört mich die Klausel „es gilt die Unschuldsvermutung“ in Medienberichten zu Straffällen. Ich habe jeweils mehr den Eindruck, die Journalisten würden sich selber ihre Hände in Unschuld waschen, weil sie sich unter dem Newsdruck zu tendenziösen Berichten hinreissen lassen. Nun bestätigt der ehemalige Oberstaatsanwalt des Kantons Zürich, Andreas Brunner, in einem Interview im Tages-Anzeiger (http://bit.ly/2HIV9NX), dass die Klausel „es gilt die Unschuldsvermutung“ effektiv überflüssig ist. Die Unschuldsvermutung ist ein Verfassungsgrundsatz („Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig“, Art. 32 Bundesverfassung, BV) und gilt generell; auch wenn man sie nicht erwähnt.

    Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch

    Strafprozess – aussagen oder schweigen?

    In einem Strafprozess betreffend umlauteren Wettbewerbs, in dem ich die Privatkläger vertrete, haben die drei Beschuldigten beharrlich geschwiegen. Angesetzt waren drei Tage für die Befragung. Wenn alle drei etwas gesagt hätten, wäre diese Zeit wohl notwendig gewesen. Da die Beschuligten jedoch schwiegen, war die Sache in zwei Stunden erledigt. Das ist natürlich sehr effizient. Die Frage sich aber:

    Soll man im Strafprozess als Beschuldigter besser aussagen oder schweigen?

    Hinter dem Ratschlag eines Verteidigers an seinen Klienten steht in der Regel die Überlegung, dass in unserem Rechtssystem der Staat einem Beschuldigten die Schuld nachweisen muss. Dabei sucht die Staatsanwaltschaft natürlich auch in den Aussagen des Beschuligten nach belastenden Beweisen. Darum auch der Hinweis, den man auch in Krimis hört, dass alles, was der Beschuldigte aussagt, zu seinen Lasten verwendet werden kann. Zudem gilt der Grundsatz, dass der Beschuldigte nichts aussagen muss, was ihn belasten könnte. Wenn der Beschuldigte also nichts aussagt, kann er sich mit seinem Schweigen auch nicht belasten und liefert der Staatsanwaltschaft so auch keine Munition.

    Als Rechtsanwalt, der immer wieder auch in Strafprozessen betreffend Immaterialgüterrechtsverletzungen und unlauteren Wettbewerbs Klienten verteidigt, frage ich mich jedoch jeweils auch, wie ein Schweigen beim Staatsanwalt und beim Richter ankommt. In unseren Breitengraden wird ein Schweigen generell als unfreundliche Geste angeschaut. Das dürften auch Staatsanwälte und Richter so empfinden. Weil diesen oft ein erheblicher Ermessenspielraum zukommt, bezweifle ich, ob Schweigen in generell für den Beschuldigten eine bessere Ausgangslage schafft. Zudem wird auch die Meinung vertreten, dass nur einer schweigt, der etwas zu verbergen hat, also schuldig ist. In meinem letzten Fall hatte ich den Eindruck, dass mein Klient durch seine Aussage beim Staatsanwalt Sympathien gewonnen hat. Währenddem das Schweigen der übrigen Beschuldigten eher schräg reingekommen ist. Das Schweigen war notabene auch darum etwas seltsam, weil die Beschuldigten bereits bei der Polizei aktenkundig ausgesagt hatten. Damit könnte man ihr Schweigen auch dahingehend deuten, dass sie den Eindruck hatten, bereits bei der Polizei zu viel gesagt zu haben, was den entsprechenden, belastenden Aussagen noch mehr Gewicht verleiht.

    Die Frage, ob man aussagen oder schweigen soll, kann sogar zwischen dem Beschuligten und seinem Verteidiger kontrovers sein. Wenn der Beschuldigte aussagen will, der Verteidiger sich vom Schweigen mehr verspricht, kann es sogar zum Bruch zwischen den beiden kommen.

    Übrigens. Das Schweigen hat den Beschuldigten bis jetzt nichts gebracht. Der Staatsanwalt hat entschieden, beim Gericht Anklage zu erheben.

    Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch
    Aktualisiert am 03. März 2018

    NAVYBOOT verschickt illegale SMS

    Seit einiger Zeit nimmt offenbar der Versand von Werbe-SMS bzw. kommerziellen SMS von ansich seriösen Schweizer Unternehmen zu. In letzter Zeit habe ich als Kunde solche insb. von UBS und NAVYBOOT erhalten. Während UBS die Vorschrift von Art. 3 Abs. 1 lit. o des schweizerischen Lauterkeitsgesetzes (UWG), unter die auch SMS fallen, einhält und mir die Möglichkeit gibt, mit einer Nachricht „STOP TWINT“ an die Nummer 5555 mich von der Liste der Adressaten der Werbe-SMS zu löschen, besteht diese Möglichkeit bei den Werbe-SMS von NAVYBOOT nicht. Damit sind die Werbe-SMS von NAVYBOOT gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG illegal, was gemäss Art. 23 UWG strafbar ist.

    Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG müssen auch bestehende Kunden die Möglichkeit haben, bei Werbemails und Werbe-SMS sich jederzeit aus entsprechenden Adressaten-Listen austragen zu lassen und dies auf einfache Weise (sog. „Unsubscription“, Opt-out-Prinzip).

    Wie man legal Werbemails und Werbe-SMS versendet steht in diesem Blog-Beitrag: https://wp.me/p8RKnD-59.

    Über zwei Monate nach meiner Abmahnung hat sich NAVYBOOT mit Schreiben vom 7. Februar 2018 bei mir gemeldet und zur Sache wie folgt Stellung genommen:

    Wir hatten es leider bei Projektbeginn unterlassen, die von unserer Agentur vorgestellte
    SMS Werbeversand Lösung rusätzlich selber auf die juristischen Voraussetzungen zu
    prüfen. Sie haben selbstverständlich mit der Aussage recht, dass ein solcher SMS Werbeversand
    dem Kunden eine einfache Möglichkeit geben muss, künftige Werbung abzustellen.
    Wir haben aufgrund Ihrer Rückmeldung deshalb umgehend eine entsprechende Programmierung
    für eine Abmeldung in Auftrag gegeben. Künftige Werbe-SMS seitens unserer
    Unternehmung an unsere Crew Member werden somit künftig nur mit einem Link flir die
    Abmeldung versandt.

    Das wäre jetzt korrekt. Auch ein Abmelde-Link (Unsubscription), statt einer Stopp-SMS, erfüllt die Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 2 lit. o UWG.

    Zusätzliche „Lesson to learn“: Arbeiten von Werbe-/Marketingagenturen immer auch juristisch prüfen. Offenbar kann man sich nicht darauf verlassen, dass dies Agenturen selbst tun.

    Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch
    Aktualisiert am 08. Februar 2018

    Spam – Unerwünschte E-Mails sind illegal

    Staatsanwaltschaft verurteilt Unternehmer zu Geldstrafe und Busse mit Eintrag im Strafregister

    Nach Art. 3 Abs. 1 lit. o des schweizerischen Lauterkeitsgesetzes (UWG) handelt unlauter, wer Massenwerbung ohne direkten Zusammenhang mit einem angeforderten Inhalt fernmeldetechnisch sendet oder solche Sendungen veranlasst und es dabei unterlässt, vorher die Einwilligung (Opt-in) der Kunden einzuholen, den korrekten Absender anzugeben oder auf eine problemlose und kostenlose Ablehnungsmöglichkeit (Opt-out) hinzuweisen; wer beim Verkauf von Waren, Werken oder Leistungen Kontaktinformationen von Kunden erhält und dabei auf die Ablehnungsmöglichkeit hinweist, handelt nicht unlauter, wenn er diesen Kunden ohne deren Einwilligung Massenwerbung für eigene ähnliche Waren, Werke oder Leistungen sendet. Wer gegen diese Bestimmung verstösst, kann gemäss Art. 23 UWG auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden.

    Unter diese Norm fallen E-Mails, Fax, SMS und automatisierte Telefonanrufe.

    In einem neusten Entscheid hat die Staatsanwaltschaft St. Gallen einen Unternehmer wegen des Versandes eines Spam-Mails nach Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG zu einer Geldstrafe und Busse von gesamthaft CHF 2’600.00 verurteilt. Die Strafe wird ins Strafregister eingetragen. Zudem muss der Unternehmer die Untersuchungsgebühr von CHF 700.00 tragen.

    Gemäss Begründung der Staatsanwaltschaft handelte der Beschuldigte wissen- und willentlich. Er wusste, dass seitens des Adressaten keine Einwilligung für die Zustellung des kommerziellen E-Mails vorlag. Dennoch verschickte er dieses an den Adressaten.

    Die Begründung der Staatsanwaltschaft St. Gallen entspricht der bisher höchstrichterlichen Rechtsprechung des Obergerichts des Kantons Zürich betreffend Spam-Mails nach Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG.

    Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, Hochschuldozent, www.gsplaw.ch www.hslu.ch
    Aktualisiert am 10. November 2017